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Strukturwandel im Mitteldeutschen Revier

Der Kohleausstieg kommt und mit ihm ein Strukturwandel im Mitteldeutschen Revier. Aber Sachsen-Anhalt ist vorbereitet. Denn das Strukturstärkungsgesetz bringt Planungssicherheit und Fördermittel in Milliardenhöhe. Ein Zeitraum von 20 Jahren schafft ausreichend Raum für eine zielgerichtete Strukturpolitik. Die Investitionen sind eine einmalige Chance: Das Revier erfindet sich neu. So entsteht in den kommenden Jahrzehnten eine Metropolregion im Herzen Europas mit gut bezahlten Arbeitsplätzen, klugen Mobilitätskonzepten und einer wunderschönen Kulturlandschaft.


Die Kumpel im Mitteldeutschen Revier blicken auf eine stolze Tradition zurück. Seit mehr als 150 Jahren wird in der Region Braunkohle gewonnen, zumeist im offenen Tagebau. Einsatz und Entbehrungen der Menschen im Revier legten die Grundlage für den wirtschaftlichen Aufschwung Deutschlands, ermöglichten eine zunehmende Urbanisierung. Nahe des Kohleabbaus entstanden bedeutende regionale Industriestandorte. Die ausgeprägte Chemieindustrie rund um die Stadt Halle ist das beste Beispiel. Über Generationen hielten die Beschäftigten im Revier die Energieversorgung ihrer Region aufrecht. Noch immer wird der Strombedarf in Deutschland zu 38 % von Braun- und Steinkohle gedeckt, zu 13 % von Kernenergie. Längst ist klar: Der Ausstieg aus der Kernenergie erfolgt bis 2022. Nun ist auch der Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038 beschlossene Sache.

Das Mitteldeutsche Revier umfasst in Sachsen-Anhalt die Landkreise Anhalt-Bitterfeld, Mansfeld-Südharz, den Burgenlandkreis und den Saalekreis sowie die kreisfreie Stadt Halle. Das Revier erstreckt sich bis nach Sachsen und wird dort um Leipzig, den Landkreis Leipzig und Nordsachsen ergänzt.

Hier kommen Sie zur Karte des Mitteldeutschen Reviers

Darum ist der Ausstieg notwendig

Abbau und Verstromung von Braunkohle sind mit starken Umweltbeeinträchtigungen verbunden. Neben den Einflüssen auf umliegende Landschaften und Gewässer, setzt das Verbrennen von Braunkohle zahlreiche Schadstoffe wie Schwefeldioxid, Stickoxide und Feinstaub sowie massiv CO2 frei – mehr als bei jedem anderen fossilen Energieträger. CO2 ist das bedeutendste Treibhausgas und trägt zum Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur bei. Die negativen Auswirkungen des Klimawandels sind vielfältig: vermehrte Dürreperioden, ein Anstieg der Meeresspiegel und ein Verlust an Biodiversität die dramatischsten. Deutschland hat sich daher zum Ziel gesetzt, seinen Pro-Kopf-Ausstoß von CO2 drastisch zu senken. Ein wichtiges Mittel dazu ist der Ausstieg aus der Kohleverstromung.


Tagebaue und Kraftwerke lassen sich nicht über Nacht abschalten, zu weitreichend sind die Auswirkungen. Die Kohlewirtschaft sorgt seit Jahrzehnten für gute Jobs und regionale Wertschöpfung. Noch heute sind im sachsen-anhaltischen Revier mehr als 5.000 Menschen direkt in der Kohlewirtschaft beschäftigt. Weitere 15.600 sind in energieintensiven Industrien tätig, die sich in der Region angesiedelt haben. Der Ausstieg aus der Kohleverstromung wird im Revier zu einem Strukturbruch führen, der Beschäftigte und ihre Familien, Kommunen und Unternehmen vor Herausforderungen stellt.

Planungssicherheit für das Revier

Wie lässt sich die Kohleverstromung schrittweise reduzieren und schließlich beenden? Wie ist der damit verbundene Strukturwandel in den betroffenen Regionen zu gestalten, sodass wirtschaftliche Stabilität und gesellschaftlicher Wohlstand gewährleistet sind? Auf diese gewichtigen Fragen sollte die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ Antworten finden. Im Januar 2019 legte sie ihren Abschlussbericht vor, sprach darin eine Vielzahl Empfehlungen aus. Pragmatische und ergebnisorientierte Verhandlungen führten zu einem hart errungenen Kompromiss, der zurecht als gesamtgesellschaftlicher Konsens bezeichnet wird.

Die Empfehlungen der Kommission sehen ein eng verzahntes Maßnahmenpaket vor, das sowohl struktur- und sozialpolitisch als auch energiewirtschaftlich greift. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie skizzierte in seinen „Eckpunkten“ zur Umsetzung der Kommissionsempfehlungen erste Ideen, welche Bandbreite die zu fördernden Projekte besitzen können. Den nötigen finanziellen Rahmen liefert das Strukturstärkungsgesetz des Bundes.

Am 3. Juli 2020 verabschiedeten Bundestag und Bundesrat das „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ als sogenanntes Mantelgesetz. Darin nun sind die strukturpolitischen Empfehlungen der Kommission verwirklicht. Am 14. August 2020 trat das Strukturstärkungsgesetz schließlich formell in Kraft. Kern dieses Mantelgesetzes ist das Investitionsgesetz Kohleregionen (InvKG), das die Unterstützungsleistungen des Bundes konkretisiert. Für das Mitteldeutsche Revier sind bis 2038 acht Milliarden Euro vorgesehen, für Sachsen-Anhalt bedeutet dies Investitionen im Umfang von bis zu 4,8 Milliarden Euro. So wird das Mitteldeutsche Revier auch 2038 noch ein Motor für wirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland sein.

Im August 2020 konstituierte sich ein Bund-Länder-Koordinierungsgremium, dem das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) vorsitzt. Zudem sind Vertreterinnen und Vertreter des Bundesministeriums der Finanzen, des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat, des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sowie des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft und der vier Braunkohleländer vertreten. Sachsen-Anhalt wird durch die Staatskanzlei, in Person durch Staatsminister Rainer Robra vertreten. Das Gremium koordiniert die Maßnahmen des Bundes und der Länder, entscheidet über die konkrete Projektauswahl, die über das Strukturstärkungsgesetz finanziert werden. Zur Auftaktsitzung im August 2020 wurden erste konkrete Bundesmaßnahmen angestoßen, die in 2020 und 2021 bereits begonnen werden sollen. So gewährt der Bund zum Beispiel über sein Förderprogramm „STARK“ Zuwendungen für nicht-investive Projekte, die eine ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltige Entwicklung in den Kohleregionen unterstützen. 

Eine Auswahl konkreter Vorhaben in Sachsen-Anhalt

  • In Halle entsteht ein Kompetenzzentrum Wärmewende, eine bundesweite zentrale Anlaufstelle für Kommunen und private Unternehmen zum Thema erneuerbare Wärme mit Fokus leitungsgebundener Wärmeversorgung.

  • Die Forschungsinitiative Reallabore der Energiewende verbindet großformatige Innovationsprojekte mit industriepolitischem Anspruch, erprobt neue Zukunftstechnologien. Das passiert u. a. bei GreenHydroChem in Leuna. Dort entsteht mit mehr als 100 Megawatt das weltweit größte Elektrolyse-Anlage-Projekt zur Erzeugung grünen Wasserstoffs.

  • Der Schienenverkehr im Mitteldeutschen Revier wird gestärkt. Verbessert wird die Anbindung der ländlichen Regionen an die Ballungsräume Leipzig und Halle. Dazu wird z.B. die Strecke Leipzig-Pegau-Zeitz-Gera elektrifiziert und ausgebaut. Zahlreiche Bahnhöfe werden instandgesetzt, teils sogar gebaut. Der Personenverkehr im Revier wird damit umweltfreundlicher, komfortabler und schneller.

  • In Cochstedt wird ein Standort des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR) eingerichtet. Dort werden Themen des elektrischen Fliegens untersucht und ein Nationales Erprobungszentrum für unbemannte Luftfahrtsysteme aufgebaut. Die Systeme finden u. a. in der Katastrophenhilfe Einsatz sowie beim Medikamententransport in entlegene Gebiete.

Strukturwandel ist ein Prozess

Der Strukturwandel in den Kohleregionen ist eine bewusste Entscheidung für eine nachhaltige und zukunftsträchtige Energieversorgung und Industrielandschaft. Dafür stehen große finanzielle Mittel zur Verfügung. Die Förderung ist eine einzigartige Chance. Entscheidend ist Flexibilität: Wir stehen am Anfang eines jahrzehntelangen Prozesses. Die in den Eckpunkten aufgenommenen Vorhaben lassen Spielräume. Weitere Vorhaben müssen definiert und auf Zukunftsfähigkeit abgeklopft werden. Alles ist möglich. Für einen erfolgreichen Strukturwandel ist es unerlässlich, die regionalen Akteure vor Ort einzubeziehen: Kommunen, Unternehmen, Wissenschaft und Bevölkerung sind eingeladen, sich einzubringen. Im Rahmen eines Strategieforums sind bereits mehrere Workshops geplant, auf denen Innovationstreiber und Erfolgsfaktoren für den Strukturwandel besprochen werden.


Politik kann die Rahmenbedingungen schaffen, in dem der Strukturwandel gelingt. Eine wichtige Voraussetzung für einen gelungenen Strukturwandel sind neue Jobs. Diese in den betroffenen Regionen zu schaffen, ist sicher nicht trivial. Es gilt, den mitteldeutschen Raum für Unternehmen und Fachkräfte attraktiver zu machen. Dazu gehören zügige Genehmigungsverfahren genauso wie Investitionen in weiche Standortfaktoren, wie Kinderbetreuung und kulturelle Einrichtungen. Vorhandene Gewerbegebiete müssen gestärkt, die Verkehrsinfrastruktur ausgebaut werden.


Es geht um die Frage: Wie wollen wir zukünftig leben? Experimentierfelder und Reallabore können helfen, darauf Antworten zu finden und technologische Potenziale auszureizen. Das stärkt anwendungsnahe Forschung regional, bindet ausgegründete Start-ups lokal. Junge Menschen müssen die Möglichkeit haben, in innovativen zukunftssicheren Unternehmen zu arbeiten, etwa in den Bereichen Chemie, Digitalisierung, Energie und Logistik. Die Landesregierung will Akteuren in den Regionen konkrete wirtschaftliche und gesellschaftliche Perspektiven eröffnen. Einige der Bereiche, in denen sich das Mitteldeutsche Revier neu erfinden kann, unsere Zukunftsbilder, stellen wir Ihnen hier vor.

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